Parkinson: Vererbbar?

Ist Parkinson vererbbar?

Die Parkinsonerkrankung wurde vor knapp 200 Jahren erstmals beschrieben. Seither sind viele Hypothesen aufgestellt worden, welche Ursachen für das Erkrankungsbild verantwortlich gemacht werden könnten. Die neuesten Überlegungen favorisieren eine Mitbeteiligung der Mikrobiome im Darm.

Dabei muss weiterhin offenbleiben ob es eine genetische Prädisposition (Empfindlichkeit gegenüber unterschiedlichen Ursachen der Parkinsonkrankheit größer als bei anderen Menschen) gibt. Angenommen könnte diese werden, wenn in der Familie gehäuft Parkinson vorkommt.

Dies ist nicht zu verwechseln mit der sehr seltenen genetisch vererbbaren Form auf die hier eingegangen werden soll.

Welche Formen von Parkinson gibt es?

Kommen in der Familie gehäuft Parkinsonerkrankungen vor oder wird die Erkrankung bereits in jungen Jahren diagnostiziert, stellen sich viele Betroffene die Frage:

„Habe ich Parkinson geerbt und werden meine Kinder dann womöglich auch erkranken?“

Du kannst vier Gruppen unterschieden:

Idiopathisches Parkinsonsyndrom (Parkinsonerkrankung)

Zu dieser Gruppe gehören etwa 75 bis 80 % aller Patienten.

Ihnen konnte keine der derzeit bekannten Ursachen nachgewiesen werden.

Alle medikamentösen (Dopamin-Ersatztherapie) und begleitenden Therapien (Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie, Psychologie) kommen zur Anwendung und sind vorrangig für diese Patientengruppe untersucht.

Atypisches Parkinsonsyndrom

Die Symptome des Patienten unterscheiden sich zunächst nicht von denen des idiopathischen Parkinson.

Der Krankheitsverlauf ist jedoch häufig kürzer, Verschlechterungen treten schneller ein und es können weitere Beschwerden hinzukommen, die sich beim Idiopathischen Parkinson nicht finden.

Zu diesem Erkrankungstyp gehören z. B. die Lewy-Körper-Demenz, die Multisytematrophie (MSA) oder die Progressive supranukleäre Blickparese (PSP).

Sekundäres Parkinsonsyndrom

In diesem Fall bleiben Auslöser und Ursachen nicht unbekannt.

Die Symptome treten hervorgerufen durch die Einnahme von Medikamenten, durch den Kontakt mit Schadstoffen oder in Folge von Verletzungen des Gehirns auf.

Die Behandlung erfolgt durch Therapie der bekannten Ursache.

Genetisch bedingtes Parkinsonsyndrom

Ein genetisch bedingtes Parkinsonsyndrom kann diagnostiziert werden, wenn es gelingt die genetische Veränderung nachzuweisen.

Diese Formen treten gehäuft bei jung Erkrankten auf (Erkrankungsbeginn vor dem 50 Lebensjahr) sind aber insgesamt derzeit noch als selten einzustufen (5% aller Parkinsonerkrankungen).

Es gibt zurzeit keine Hinweise, dass sich der Verlauf der Erkrankung von dem des idiopathischen Parkinson unterscheiden würde.

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Für ein besseres Verständnis des genetisch bedingten Parkinsonsyndroms lässt sich eine Unterscheidung in verschiedene Krankheitstypen vollziehen:

  • Autosomal dominante Formen: Als Krankheitsauslöser genügt eine veränderte Kopie des Gens. Diese Krankheitsform ist sehr selten. Nur etwa ein bis zwei Prozent aller Betroffenen leiden darunter. Ein gehäuftes Vorkommen kann bei bestimmten ethnischen Gruppen, beispielsweise in Nordafrika lebenden Arabern festgestellt werden.
  • Autosomal rezessive Formen: Damit die Krankheit zum Ausbruch kommt, müssen zwei veränderte Kopien des Gens vorliegen. Nur wenn beide Eltern diesen Gen-Defekt besitzen, kann die Erkrankung beim Kind auftreten.
  • Modifikatoren Gene als Risikofaktor: Einige Gene können das Risiko von Parkinsonerkrankungen innerhalb von Familien beeinflussen. Ein Beispiel hierfür ist GBA (Glukozerebrosidase).

Nicht jeder, der eine Genmutation in sich trägt, muss auch an Parkinson erkranken oder sie weiter vererben.

Bei allen Neuerkrankungen, die vor dem 40. Lebensjahr auftreten und wo sich mehrere Parkinsonerkrankte innerhalb der Familie finden lassen, ist der Arzt davon in Kenntnis zu setzen.

Dr. med. Thomas Vaterrodt

Laborant schaut sich diverse Diagramme an

Wie ist eine erbliche Form von Parkinson erkennbar?

Möglicherweise besteht auch für die Kinder der Betroffenen ein erhöhtes Risiko, an Parkinson zu erkranken. Anhand der Symptomatik ist es kaum möglich, festzustellen, ob Parkinson vererbt wurde. Der deutlichste Hinweis ist tatsächlich das Alter.

Bei jungen Parkinsonpatienten ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten. 

Bei allen Neuerkrankungen, die vor dem 40. Lebensjahr auftreten und wo sich mehrere Parkinsonerkrankte innerhalb der Familie finden lassen, ist der Arzt davon in Kenntnis zu setzen.

Der Mediziner wird dann vermutlich eine „Stammbaumanalyse“ vornehmen. Dabei wird der Familienstammbaum auf ein mögliches Muster für die Parkinsonerkrankung hin untersucht.

Daraus erhofft sich der Arzt Hinweise auf eine mögliche Vererbung und deren Hintergrund.

Letztlich kann aber nur ein Gentest zur Absicherung dienen.

Illustration einer Netzstruktur

Kann ich gegen eine Parkinsonerkrankung vorsorgen?

Auf der Grundlage aller Kenntnisse beschäftigt sich die Forschung zunehmend mit der Frage ob eine vorbeugende Therapie (z. B. eine Impfung) möglich ist oder bei tatsächlicher Vererbung auch eine gentechnische Behandlungsmethode.

Beides ist aus unterschiedlichen Gründen noch nicht anwendbar. Neben der Entwicklung geeigneter Verfahren ist das größte Problem den richtigen Zeitpunkt zu definieren. 

Zu motorischen Krankheits-Symptomen kommt es erst, wenn über die Hälfte an Dopamin produzierenden Zellen verloren gegangen ist. Das Erkrankungsbild kann aber zu diesem Zeitpunkt schon seit mehreren Jahren bestehen.

Die Ärzte sprechen von einer präklinischen Phase. Diese wäre der richtige Zeitpunkt für eine Parkinsonvorsorge.

Ein weiterer Forschungsansatz ist es daher diese Hinweise herauszufiltern um daraus einen geeigneten Zeitpunkt für vorbeugende Therapien festzulegen.

Was bringt mir ein Parkinson-Gentest?

In den letzten Jahren hat sich einiges in der Genforschung bewegt. So wurden mehrere Gene entdeckt, welche die Wahrscheinlichkeit einer Parkinsonerkrankung erhöhen.

Das erste entdeckte Gen trägt die Bezeichnung PARK1 und enthält die Informationen für die Herstellung von Alpha-Synuklein. Dieser Eiweißbaustein ist in den Nervenzellen des Gehirns enthalten und erfüllt dort wichtige Funktionen

Kommt es zu Schäden an PARK1, sind die Alpha-Synuklein-Bausteine ebenfalls fehlerhaft. Forscher gehen davon aus, dass diese beschädigten Bausteine die Nervenzellen schädigen und eine Parkinsonerkrankung begünstigen können. Im Gehirn von Parkinsonpatienten stießen Mediziner auf sogenannte Lewy-Körperchen. Diese kugelförmigen Ablagerungen können vermutlich die Nervenzellen schädigen.

Liegt ein Gendefekt vor, erkranken die Betroffenen meist überdurchschnittlich früh. Gleichzeitig muss aber nicht jeder, der den Gendefekt in sich trägt die Krankheit auch wirklich bekommen. Gibt es Hinweise auf eine mögliche erbliche Parkinsonerkrankung, kann Dir ein Gentest Gewissheit verschaffen.

Dann kann frühzeitig mit therapeutischen Maßnahmen begonnen werden und Du musst keine möglichen Fehldiagnosen oder Therapien, die keine Erfolge versprechen über Dich ergehen lassen. Es mehren sich die Hinweise, dass ein früher Therapieansatz den Krankheitsverlauf entscheidend verzögern kann und Dir vermutlich viele Jahre ohne Beschwerden schenken wird.

Auch die Wissenschaft profitiert von diesen Untersuchungen. Das Erkrankungsbild kann besser verstanden und auf diesen Erkenntnissen die Therapien fortentwickelt werden.

Auch für die Kinder von Betroffenen können sich hieraus Konsequenzen für Familien- und Lebensplanung ergeben. 

In Deutschland ist vor der Gentestung eine entsprechende Beratung durch zertifizierte Ärzte zwingend vorgeschrieben.

Wenn Du dich für den Test entscheidest wird der Arzt Dir Blut abnehmen und diese Blutprobe wird in einem spezialisierten Gen-Labor analysiert. Bis das Ergebnis feststeht, wirst Du Dich vermutlich mehrere Wochen gedulden müssen.

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Nur bei etwa fünf Prozent der Erkrankten liegen genetische Ursachen vor. In allen anderen Erkrankungsfällen wird zwar nach genetischen Faktoren gesucht, bisher lässt sich aber hieraus nicht ableiten, dass Parkinson eine Erbkrankheit sei.

Je mehr genetische Informationen zum Erkrankungsbild vorliegen desto individueller wird sich die Therapie anpassen lassen.

Fazit

Text überarbeitet und freigegeben/geprüft durch:

Dr. med. Thomas Vaterrodt
Chefarzt Neurologische Klinik

SHG-Kliniken Sonnenberg
Sonnenbergstraße, 66119 Saarbrücken

Quellen und Referenzen

  1. www.parkinsonfonds.de
  2. www.aerztezeitung.de
  3. www.parkinson-aktuell.de
  4. www.kompetenznetz-parkinson.de

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